Kommentar

Feminismus und die Welt

Ein Kommentar

Wenn heutzutage das Wort „Feministin“ fällt, dann oft mit einem bitteren Beigeschmack. Die tatsächliche Bedeutung der weiterhin aufstrebenden sozialen und politischen Bewegung – gleiche Rechte und Behandlung beider Geschlechter – ist dabei in Vergessenheit geraten.

“Feminazi” ist ein Begriff der bereits in den 1990er Jahren begründet wurde. Der rechtskonservative US-amerikanische Radiomoderator Rush Limbaugh brachte dieses Kofferwort aus „feminism“ und „Nazi“ unter den konservativen US-Bürgern in den Umlauf.1 Er selbst habe den Begriff, nach eigenen Angaben, von einem Professor für Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Tom Hazlett, Angaben, übernommen. [1]

         Das erste Mal, dass dieser Begriff, der zunächst gegen Anhänger einer Bewegung für Abtreibungsrechte gerichtet war, in meinem Umfeld gefallen ist, war, als ich mit einer Freundin das Thema „Feminismus“ diskutiert habe. Ich hatte gerade davon gesprochen, dass ich an einem Artikel schrieb, der über die tatsächlichen Hintergründe des Feminismus aufklären und über Vorurteile und radikale Ausrichtungen berichten soll, da fiel plötzlich dieser Begriff. Ein Begriff, gebildet aus einer Bezeichnung für die soziale Bewegung der emanzipierten, gleichberechtigten Frau, kombiniert mit einem Begriff, der für die dunkelste Zeit der deutschen Vergangenheit steht.

         

         Jeden Tag wird man, wohin man auch blickt, ob in den Social Media oder im eigenen Umfeld, mit den Schattenseiten des „Feminismus“ konfrontiert. Dabei klingt die ursprüngliche Idee des Feminismus gar nicht so schlecht. Laut dem Oxford Languages steht der Begriff „Feminismus“ zunächst einmal für Folgendes: 

 

„Richtung der Frauenbewegung, die, von den Bedürfnissen der Frau ausgehend, eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Normen (z. B. der traditionellen Rollenverteilung) und der patriarchalischen Kultur anstrebt.“

 

         Das klingt doch gar nicht mal so schlecht, oder? Ich meine, in einer Zeit der Veränderung, in einer Zeit, in der sich fast täglich neue Dinge entwickeln, in einer Zeit der Offenheit und des politischen Umschwungs, ist es da so abwegig, für die Gleichberechtigung der Geschlechter zu kämpfen? Und zwar für eine reale Gleichberechtigung und nicht nur eine auf dem Papier?

         Die Überzeugung, dass der Feminismus eine männerfeindliche Bewegung ist, die es auf eine Art „Weltherrschaft der Frauen“ abgesehen hat, ist vollkommen abwegig. Und jemandem, der mit dem Argument kommt, dies sei das offensichtliche Ziel, da eine Gleichberechtigung schon vorherrsche, dem muss ich die Frage stellen: 

         

Was machst du in deinem Alltag, um sexuelle Übergriffe zu verhindern?

Wie oft wurde deine Kleidung als „unpassend“ oder „zu aufreizend“ abgestempelt? 

 

         Und versteht mich nicht falsch. Nicht jede Frau erlebt eine ungerechte Behandlung. Nicht jede Frau trägt im Dunkeln auf dem Weg nach Hause ihren Schlüssel zwischen den Fingern, kennt grundsätzliche Verteidigungstricks oder behält bei Feiern das Glas immer im Auge. Aber es sind genügend.

         

         Ein großer Grund, warum der Begriff „Feminist“ inzwischen so negativ gewertet wird, ist vermutlich die fehlende Zugänglichkeit dessen. In einem Interview von Stern DISKUTHEK erklärt zum Beispiel FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, dass er sich nicht als Feminist bezeichnen würde. Er erklärt, dass er der Meinung ist, nur eine Frau könne sich als Feministin bezeichnen, und weiter, dass es keine Bezeichnung für jemanden brauche, der für Gleichberechtigung ist.

         In einem Punkt muss ich ihm dabei sogar zustimmen. Der Begriff „Feminist“ eignet sich nicht besonders für die meisten Männer. Vielleicht fälschlicherweise, aber es ist nun einmal so, dass die wenigsten sich als „Feminist“ bezeichnen würden. Und warum auch? Der Begriff impliziert geradezu eine veränderte Rollenverteilung, bei der Frauen übergeordnet sind. Doch das ist nicht das Ursprungsziel. Etwas wie die Frauenquote, also Frauen einstellen, weil sie Frauen sind, ist genauso falsch, wie Frauen nicht einzustellen, weil sie Frauen sind. In beiden Fällen wird man als Frau anders behandelt, weil man eine Frau ist. Und es wird eben nicht die Forderung des Feminismus erfüllt: die Gleichbehandlung aller Geschlechter.

 

         Als ich mich mit diesem Artikel auseinandergesetzt habe, habe ich einige Leute in meinem Umfeld zu dem Thema „Feminismus“ befragt und, ich muss sagen, die Antworten haben mich überrascht. Auf meine Frage „Was bedeutet Feminismus?“, habe ich sehr interessante Antworten, wie auch inspirierende Sätze zugesandt bekommen. Mein Favorit kam aus Francistown, Botswana. Eine Freundin, die ich während meines Austauschs 2019 kennengelernt habe, hat mir das hier geschrieben:

 

If I hear “feminism” I think “Okay, equal rights. A woman can work in the same jobs a man can.”. But in my mind, I never disregard the significance of men. Feminism for me is meant to appreciate and empower women, to show they are meant for more than just cooking and cleaning. However, it is still meant to promote some kind of equality between the genders. Men aren’t seen as less significant.

- Alicia Llanes de Zayas

         Ich habe zuerst ein bisschen gebraucht die Worte zu verarbeiten, denn – wow- ich bin wirklich der Meinung, dass sie den tatsächlichen Sinn der Frauenbewegung zeigen. Ich glaube, dass ich deshalb auch erst durch diese Worte verstanden habe, warum es „Feminismus“ und nicht „Equalismus“ heißt. So gut „Equalismus“ auch klingt, der Begriff trägt nicht die gleiche Kraft, nicht die gleiche Realität in sich. 

         Denn die Realität ist: Frauen sind die, die bestärkt werden müssen, die bekräftigt werden müssen, dass sie sich äußern und ihre Stimme nutzen. Die Realität ist: Frauen waren Jahrzehnte, wahrscheinlich sogar Jahrtausende dem männlichen Geschlecht untergeordnet. Und es sind diese Frauen, die die Veränderung bestimmen. 

         Der Begriff „Feminismus“ macht Mut, er bekräftigt, er hat eine Aussagekraft, wie nur wenig andere Begriffe auf dieser Welt. Er bestärkt die Frauen dabei, dass sie für ihre Rechte aufstehen, dass sie sich auf das gleiche Level wie Männer heben. 

         Sind wir mal realistisch, die Rechte von Männern muss man nicht mehr bewegen, die Rechte von Frauen hingegen muss man auf die gleiche Höhe bringen. Und wenn das heißt, dass ein Zugeständnis nur auf Seiten der Frauen gemacht wird, dann ist das auch gut so. Denn wenn auf beiden Seiten gleichzeitig aufgestockt wird, dann bleibt die eine immer noch größer. Simple Addition – eins zu sieben addiert ist immer noch mehr als eins zu vier. Und das, obwohl das Gleiche hinzugefügt wird. 

         Dabei muss man es nicht übertreiben. Eine Frauenquote, genauso wie ein Girls-Day, werden das tatsächliche gesellschaftliche Problem nicht lösen. Es muss darüber gesprochen werden, es muss diskutiert werden und anerkannt werden, dass Gleichberechtigung derzeit noch ein Mythos ist. Im besten Fall muss jeder sich selbst „an die Nase fassen“ und versuchen, etwas zu ändern.

         Ein kleines Beispiel zum Ende hin. Wer jetzt noch den Kopf schüttelt, wer jetzt noch fest davon überzeugt ist, dass Frauen nicht sexualisiert werden, der überlege sich mal, welche Einschränkungen es in Bezug auf Kleidung von Frauen in der Schule gibt und welche für Männer. Und dann ein Experiment. Google mal den Begriff „school boy“ und sieh dir die Fotos an und dann verfahre genauso bei „school girl“.

 

         Aber klar, es wird übertrieben, ganz bestimmt.

 

 

Von Felizia Reißl