Rechtsruck in Europa
Polen 2025 – der Rückweg zu der EU?
Feuerwerk und Champagnerglas – so haben wir alle das neue Jahr begrüßt. In Polen jedoch startete das Jahr 2025 ganz anders: Bauernproteste und Demonstrationen wurden aus Sorge vor weniger Marktchancen veranstaltet. Man sieht also, auch eine neue Regierung schafft es nicht, die polnischen Bürger zufrieden zu stellen.
Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit Polen seine langjährige Regierung abgewählt hatte. Obwohl die PiS-Partei („Prawo i Sprawiedliwość“) immer noch die meisten Stimmen bekommen hatte, konnte die Opposition am 18. Oktober 2023 eine Regierung stellen.
Trotzdem gibt es in Polen noch Stimmen, die den jetzigen Regierungschef ablehnen – und mit ihm auch die EU-Richtlinien für Landwirtschaft. Ihnen zufolge wird die EU zu sehr von Deutschland dominiert, ja, manche gehen sogar so weit, dass sie deutsche Spionage im Verdacht haben.
Zudem häufen sich die Probleme in dem Land, manche davon ausgelöst durch die PiS, die noch immer die Finger im Spiel hat, was zeigt, welche große Macht die ehemalige Regierungspartei auch jetzt noch hat. Anhand der Spaltung der Gesellschaft des Landes, die durch die Polarisierung der ehemaligen Regierung entstanden ist, wird das Ausmaß des Machtwechsels erstmals bewusst. Aber das Land muss weiteren Krisen standhalten können. Die eigene Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit und die Entpolitisierungen der öffentlichen Medien stehen wahrscheinlich auf Punkt Eins der Liste, die es abzuarbeiten gilt. Auch die Beziehungen zu anderen Ländern, wie auch Deutschland, könnte zu einer großen Herausforderung werden, obwohl die Stimmung in Brüssel Tusk gegenüber relativ gut ist. Dies alles könnte jedoch erschwert werden durch die Gegensätzlichkeit der vier Koalitionsparteien, deren einzige Gemeinsamkeit der Wunsch nach dem Machtwechsel war, wie es scheint.
Auch Spannungen zwischen Ungarn und Polen werden deutlich durch das Ausladen des ungarischen Botschafters aus der Zeremonie zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft, nachdem ein polnischer Ex-Vizejustizminister im Verdacht stand, bis 2023 staatliche Gelder veruntreut zu haben. Dieser war in Budapest untergetaucht und wird nach europäischem Haftbefehl gesucht. Ausgeliefert wurde er jedoch nicht, er bekommt politisches Asyl in Ungarn. Dadurch könnten sich die bilateralen Beziehungen zwischen Ungarn und Polen sogar noch verschärfen.
Warschau, Polen
Das Jahr 2025 bringt jedoch noch etwas anderes mit sich: die Ratspräsidentschaft Polens.
Bei der Ratspräsidentschaft Polens liegt der Fokus besonders auf dem Schwerpunkt Sicherheit und dabei besonders auf der äußeren Sicherheit. Eine stärkere Befestigung der polnischen Ostgrenze, die sogleich die Ostgrenze der EU und der NATO ist, sollen in diesem Jahr umgesetzt werden. Dies diene als Vorbereitung zur Abwehr eines russischen Angriffes, so Donald Tusk. In Polen wird dieser nämlich für sehr realistisch gehalten. Tusk fordert dafür auch finanzielle Beteiligung von der EU, ganz nach dem Motto „Wir schützen nicht nur uns, sondern auch euch!“. Und auch die Europäische Rüstungsindustrie solle im Falle eines Angriffes bereit sein. Jedoch reicht das Tusk nicht.
Sowohl die Stärkung der Inneren Sicherheit, also z.B. Abwehr von Spionage, als auch die Verbesserung der Gesundheitspolitik, Vorsorge von Klimakatastrophen und Nahrungsmittelsicherheit gehören zu Donald Tusks sieben Säulen der Sicherheit. Mit Blick auf den jetzigen Präsidenten der USA gilt auch die wirtschaftliche Unabhängigkeit als Meilenstein, der in diesem Jahr erreicht werden soll.
Ob und wie er das schaffen wird, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass vor allem die Zusammenarbeit mit der EU im Fokus des jetzigen Präsidenten steht, der enge Beziehungen zur Union pflegt als ehemaliger Präsident des Europäischen Rates.
Sollte ihm dies gelingen, könnten vielleicht auch die polnischen Bürger beim neuen Jahreswechsel die Sektkorken knallen lassen.
Ein Gastbeitrag von Marlene Schultes