Biases
Wie unser Gehirn uns täuscht
Warum treffen Menschen manchmal Entscheidungen, die im Nachhinein unlogisch erscheinen? Wieso ist das Logische nicht immer das Logische? Wieso bewerten wir Situationen, Personen oder Informationen oft voreingenommen, ohne es zu bemerken und kommen dadurch in peinliche Situationen? Es sind Biases, die unsere Wahrnehmung so stark beeinflussen, dass wir falsch handeln oder gar nicht handeln.
Biases, aus dem Englischen übernommen, bezeichnen kognitive Verzerrungen, die unser Logikvermögen, unsere Wahrnehmung, unsere Erinnerungen, unsere Denkweise und unser Urteil leicht bis stark verändern können.
Der Confirmation Bias
Wahrscheinlich einer der berühmtesten Biases – der Confirmation Bias – gehört zu den heimtückischsten. Man findet ihn überall: in der Industrie, in zwischenmenschlichen Beziehungen und auch in der Politik. Eines der besten Beispiele dafür ist Trump, beziehungsweise seine Anhänger. Aus unserer europäischen Perspektive scheint Trump ein absolut unfähiger, unberechenbarer und gefährlicher Präsident zu sein. Laut einer Statistik von Statista aus dem Jahr 2024 würden nur 13 % der Deutschen Trump wählen, trotz des Rechtsrucks in Deutschland. Dennoch sind Amerikaner weitaus mehr von ihm überzeugt – manche extremen Fans bezeichnen ihn sogar als Messias. Diese Menschen wirken völlig überzeugt und hören den Argumenten der Demokraten meist gar nicht mehr zu.
Zwar ist es schwierig, schnell zu erklären, warum sie so starke Trump-Fans werden, aber es ist deutlich einfacher zu verstehen, warum sie es bleiben und so schwer von der Gegenseite zu überzeugen sind. MAGA-Anhänger sind stark vom Confirmation Bias betroffen. Sie sprechen vielen Medien ihre Legitimität ab und selektieren ihre Informationsquellen penibel. Für sie gibt es nur noch eine richtige Wahrheit – die, die Fox News ihnen berichtet. Damit geht eine Ignoranz gegenüber Kritik und Gegenbeweisen einher, die oft einfach weggedacht werden, weil sie gegen ihre festen Glaubenssätze sprechen.
Des Weiteren rationalisieren sie Trumps Fehlverhalten und biegen ihre moralischen Vorstellungen und das Fehlverhalten so hin, dass Trump am Ende recht hat. Situationen seien angeblich aus dem Kontext genommen oder falsch verstanden worden, weil Trump Sarkasmus genutzt habe. Egal wie sehr objektive Beweise dagegen sprechen, es wird alles zu „Fake News“ erklärt. Zuletzt spielt auf Trump-Anhänger eine starke Gruppenidentität eine Rolle. Zusammenfassend beschreibt der Confirmation Bias das Phänomen, dass man Beweise für die eigene Ideologie sucht und damit eigene Überzeugungen bestätigt, während Gegenbeweise ignoriert und als falsch abgetan werden. Wer nur nach Bestätigung sucht, kann eigentliche Probleme nicht lösen und bleibt stehen.
Donald Trump
Der Bias „Social Proof“
Nicht nur der Confirmation Bias beeinflusst Trump-Anhänger, sondern auch der Bias „Social Proof“. Wahrscheinlich hast du ein solches Beispiel schon erlebt: Eine Menschenmenge starrt ein hohes Gebäude hinauf, und dein Blick folgt automatisch, obwohl du eigentlich kein Interesse daran hattest, nach oben zu schauen. Du bist auf einem Konzert, das Saxofon spielt ein Solo, und sobald es endet, klatscht eine Person – kurz darauf folgt der ganze Raum, und auch deine Hände bewegen sich automatisch aufeinander zu.
Ein neuer Trend verbreitet sich in den sozialen Medien: Vielleicht ist es eine neue Moderichtung oder eine spezielle Schokolade, und plötzlich fühlst du dich motiviert, das Produkt auszuprobieren. Vielleicht stehst du im Lindt-Shop und gibst 15 Euro für eine Schokolade aus, an der du eigentlich kein Interesse hattest. Herzlichen Glückwunsch, du bist dem Bias „Social Proof“ zum Opfer gefallen.
Evolutionär war es für uns überlebenswichtig, der Masse zu folgen und ihr nachzuahmen. Heute wird dieses Verhalten jedoch von Marketing und Wirtschaft ausgenutzt, um uns Dinge zu verkaufen, die wir nicht brauchen. Social Proof besagt, dass das, was viele Menschen tun, automatisch als richtig empfunden wird – auch wenn es objektiv falsch sein kann. Wir Menschen passen uns gerne an, und dadurch werden wir anfällig für unnötigen Konsum. Der englische Schriftsteller Maugham fasste es treffend zusammen: „Wenn 50 Millionen Menschen etwas Dummes sagen, bleibt es trotzdem dumm.“ Also: Handelst du wirklich immer nach deinem eigenen Willen?
Nur wer seine Denkfehler kennt, kann sie auch überwinden.
Diese Biases sind evolutionäre Anpassungen, die uns in einer komplexen Welt schnelle Entscheidungen ermöglichen sollten. Doch wie die Beispiele zeigen, können sie auch zu großen Nachteilen führen.
Doch was kann man dagegen tun?
Zunächst hilft das Bewusstsein, dass jeder von Biases betroffen ist – auch du. Akzeptiere, dass du nicht die Ausnahme bist, und versuche, Situationen zu erkennen, die Denkfehler begünstigen könnten. Analysiere, wie du zu deinen Entscheidungen kommst, und hinterfrage, ob sie wirklich logisch sind. Zuletzt kann es helfen, die Gründe für einen Bias zu identifizieren: Woher kommt dieses Verhalten, und in welchen Situationen hast du es dir angewöhnt?
Biases sind ein unvermeidlicher Teil des menschlichen Denkens. Doch indem wir sie verstehen und bewusst mit ihnen umgehen, können wir bessere Entscheidungen treffen, offener für andere Perspektiven sein und unsere Wahrnehmung schärfen. Nur wer seine Denkfehler kennt, kann sie auch überwinden.
Es gibt noch unglaublich mehr Biases! Falls du dich dafür interessierst, dann kann ich das Buch „The Art of Thinking Clearly“ von Rolf Dobelli empfehlen. Das Buch spielte eine große Rolle als Grundlage für meine Recherche.
Von Marie Hollmann