Schulorchester
Vom Traunreuter Schulorchester zum Bayerischen Rundfunk - mit dem Violoncello
Mein Cello und ich. Unzertrennlich. Was ich mit meinem Instrument und klassischer Musik erreicht habe, beeindruckt mich selbst täglich. Das, was ich erreichen und erleben durfte, ist einfach unfassbar. Ich habe eine kurze Zusammenfassung meiner musikalischen Laufbahn verfasst, um deutlich zu machen, wie viel hinter dem Ganzen wirklich steckt – nämlich mehr als nur Holz!
Hi. Ich bin Laura. Ich bin in der Q12 und schreibe dieses Jahr mein Abitur. Und ich mache Abitur auf dem Cello. Für manche hört sich das jetzt wie ein Traum an, für andere vielleicht wie ein Albtraum. Wie dem auch sei, ich erzähle heute meine Geschichte. Mein Weg von einem kleinen Mädchen, das mit Blockflöte angefangen hat und jetzt wöchentlich Konzerte in halb Deutschland hat.
Wie schon gesagt, ich habe in der Grundschule mit Blockflöte angefangen. In der ersten Klasse hat meine Mama mich in den Kirchenchor gesteckt. Ich war wohl musikalisch begabt und die Chorleiterin meinte dann, ich solle doch ein Instrument lernen. Also habe ich bei ihr in der Küche auf einer Eckbank einmal in der Woche Flöte gespielt. Ich muss sagen, ich fand so etwas Eigenes zu machen, Noten zu lesen (was meine Eltern beide nicht können) und Klang zu produzieren, schon damals ganz cool. Es war etwas Besonderes, was einfach nicht jeder kann.
Nach einiger Zeit hat mich meine Chorleiterin angesprochen, dass ich ein „echtes“ Instrument ausprobieren soll. Sie hat vorgeschlagen, ich solle mir doch mal den Schnuppernachmittag in der Musikschule in Traunwalchen anschauen. Also bin ich in der zweiten Klasse mit meinen Eltern und meiner Schwester zu diesem Schnuppernachmittag gegangen und war sofort komplett begeistert von der riesigen Auswahl. Ich glaube, ich wollte Klavier spielen und Querflöte fand ich auch ganz cool. Naja, aber dann kam dieser eine Raum, die Streicher. Und Geige ist ziemlich klein und Kontrabass war mir zu massiv. Cello hatte einfach die perfekte Größe … es fällt auf, aber es ist immer noch ein feminines Instrument.
Ich habe natürlich nicht nur nach dem Aussehen entschieden. Es war der Lehrer. Er war gleich im ersten Augenblick einfach ein total herzlicher, liebenswerter und unglaublich netter Mensch, der mich mit offenen Armen empfangen hat. Und ich habe ungelogen 20 Sekunden den Bogen gehalten und leere Seiten gespielt und war unsterblich verliebt in das Instrument – das Violoncello.
Es ging dann auch gleich los mit den Musikstunden. Weil ich ja noch ein Kind war und mich mitten im Wachstum befand hat, meine Mama ein Cello von der Musikschule gemietet. Zuerst ein halbes Cello. Nicht falsch verstehen, natürlich ein ganzes Instrument, aber man sagt das so zu einem Mini-Cello. Ich bin damals wirklich noch gewachsen und hatte dann auch bald ein Dreiviertel-Cello. Ich habe mich voll krass gefühlt :)
Ich weiß noch ganz genau, was ich bei meiner ersten Cellostunde anhatte; ein weiß-rosa Seidenkleid, das bis zu meinen Waden ging und richtig schicke schwarze Sandalen mit Absatz. Ich habe mich so cool gefühlt, wow.
Ich habe so schnell gelernt, dass ich die Musik-Übungshefte innerhalb kürzester Zeit einfach in mich rein gefressen habe. Die Motivation war groß, das liegt tatsächlich größtenteils an meinem Lehrer. Er hat mich viel gelobt und mir Tipps gegeben, die das ganze so viel besser gemacht haben!
Vor meinem ersten Mini-Auftritt in der Musikschule im Herbst 2010 war ich ehrlich gesagt schon ziemlich aufgeregt. Ich habe gerade mit dem zweiten Heft angefangen (es gibt insgesamt 3 Übungshefte) und war noch nicht sehr sicher mit dem dritten Finger. Aber ich hatte so Spaß, dass ich immer bereit und voller Vorfreude war, wenn es wieder etwas gab, wo ich vorspielen konnte.
Und schon war ich in der fünften Klasse. Und meine Karriere beim Schulorchester des JHG hat begonnen. Herr Krins, der das Orchester seit vielen Jahren mit Elan und purer Energie leitet, hat mich herzlich empfangen. Es herrschte Cellomangel. Das ist jetzt immer noch so! (Also falls ihr Cello spielt oder natürlich ein anderes Instrument … meldet euch nach der Pandemie beim Orchester an!)
Durch das Orchester habe ich auch meine zwei Kollegen kennengelernt: Anna und Susanna. Es war der Beginn eines unvergesslichen Jugend-Musiziert-Abräum-Marathons. Ich übertreibe nicht!
Wir haben uns dann wöchentlich getroffen, zwei Monate lang, und die Stücke einstudiert. Oft bei mir zu Hause, aber auch in der Musikschule mit dem legendären Herr Krins, der aus uns einfach immer das Beste herausgeholt hat. Im ersten Jahr haben wir uns für den Wettbewerb bunte Schals und Haarbänder gekauft und beim Weihnachtskonzert der Musikschule haben wir dann einen Probedurchlauf gehabt. Wir lachen uns heute noch darüber kaputt, in welcher Geschwindigkeit wir das Stück „Schlittenfahrt“ gespielt haben, und das ganz ohne Fehler. Wir waren unheimlich aufgeregt!
Das erste Mal „Jugend musiziert“. Es war mein 11. Geburtstag. Ich habe damals ein Haba-Püppchen als Glücksbringer geschenkt bekommen. Ja, ich habe mir eine Puppe gewünscht und kein Handy … Es war ein toller Tag und es war der erste Tag der McDonalds-Tradition nach einem Auftritt.
Ein halbes Jahr später hat mein Cellolehrer mich zum ersten Mal zum Jugend-Symphonie-Orchester mitgenommen. Das ist wirklich eine krasse Erfahrung. Man lernt viele tolle Leute kennen mit denen man auch außerhalb der Probenphase Zeit verbringt.
Mein erstes Mal beim JuSO und schon war ich Stimmführerin. Ein tolles Gefühl! Schon vom ersten Jahr an gab es dann meine Sitznachbarin, die mich Jahr für Jahr begleitet hat, mit der ich jede Herbstferienwoche verbracht habe. Es sind wirklich Tage, die einen prägen. Es sind jährlich um die 50 Jugendlichen im Alter von 10 bis 21 Jahren, die einfach eine Leidenschaft teilen, nämlich die Musik. Das ist ein unfassbar schönes Gemeinschaftsgefühl. Eine tolle Zeit!
So ging es dann weiter bei mir. Alle paar Monate neue Projekte, zum Beispiel jeden Sommer eine Konzertreihe in Baumburg und Bad Endorf im Zuge des Musiksommers sowie Kirchenkonzerte zu Weihnachten oder Ostern in sämtlichen Kirchen des Landkreises.
2018, also mit 15, habe ich dann meine D3-Prüfung bestanden. Das ist das höchste Abzeichen, das man durch die Musikschule erreichen kann, Gold sozusagen (man bekommt da echt eine goldene Stimmgabel).
2019 war dann mein Durchbruch. Naja irgendwie UNSER Durchbruch. Im November haben wir uns zu viert (Anna, Susanna, Rebekka und ich) wie jedes Jahr zum Anmeldeschluss am 15. November um 0 Uhr in der Nacht gerade noch so für „Jugend musiziert“ angemeldet. Und dann ging es los.
Wir hatten mehrmals in der Woche Proben. Während und nach der Schule, unter der Woche bis teilweise 22 Uhr abends und dann am Wochenende. Es war eine harte Probenzeit, vor allem für Anna und Susanna, die in diesem Jahr ihr Abitur absolvierten.
Die Arbeit und die langen Tage haben sich gelohnt! Wir haben teilgenommen und wurden (ehrlich gesagt zu unserem Erstaunen) weitergeleitet, zum Landeswettbewerb in Hof. Wir waren uns sicher, dass das unser Erfolgstag sein wird. Und wir wurden nochmal weitergeleitet. Zum Bundeswettbewerb in Halle an der Saale. Alle sind in Tränen ausgebrochen (inklusive Väter!).
Beim Bundeswettbewerb haben wir dann auch abgeräumt und ein paar Wochen später kam eine Anfrage vom Bayerischen Rundfunk, ob wir denn nicht Lust hätten, etwas einzuspielen für eine Radioshow. Es war alles so surreal. Einfach zu schön, um wahr zu sein.
Danach trieb es uns den ganzen Sommer und Herbst in halb Deutschland umher, es gab viel zu spielen, vor allem Hochzeiten. Das waren Zeiten… Wir sind sogar im Gegenverkehr gelandet und haben eine russische Hochzeit erleben dürfen.
2019 war ein Jahr, das die Freundschaft zwischen uns so geprägt hat, dass wir mittlerweile eine Familie sind. Es ist eine Bindung durch die Musik entstanden, die unbeschreiblich und unfassbar stark ist.
Wir haben die ganzen Jahre lang während des gemeinsamen Musizierens so viel erlebt, darüber könnte man Bücher schreiben. Ich möchte mich an dieser Stelle bei meinen Mädels für die tolle Zeit bedanken und dafür, dass das zwischen uns niemals enden wird, egal wohin der Beruf uns verschleppt!
Im letzten Jahr habe ich dann zusätzlich mit meiner Schwester Ramona teilgenommen. Wir haben ein für uns geschriebenes Stück einstudiert und richtig hart trainiert. Wir haben dann auch eine fast perfekte Performance gezeigt. Es war mein letztes Mal „Jugend musiziert“, und es war wieder an meinem Geburtstag. Ein guter Abschluss der JuMu-Karriere! Episch.
Naja, aber Corona hat es zerstört. Wer weiß, wo die Reise hingegangen wäre, wenn wir weiterspielen könnten.
Das alles, was hier aufgelistet ist, ist ein Bruchteil von dem, was ich tatsächlich erlebt und erreicht habe. Und all das wäre niemals möglich gewesen, wenn meine Eltern mich nicht unterstützt hätten. Die haben echt keine Ahnung von Musik, aber das meine ich auch nicht. Wer hätte mich denn sonst zu den ganzen Proben und Konzerten gefahren oder mir Essen bereitgestellt, wenn ich wieder lange unterwegs war? Wer hätte mich sonst immer wieder motiviert und mir gut zugeredet, wenn ich ein Stück nicht von der ersten Sekunde an perfekt spielen konnte? Ich wäre ohne euch niemals so weit gekommen. Danke Mama, danke Papa!
Ich habe klein angefangen. Mit nichts. Ich habe viel geübt, aber ich habe es gerne getan, weil ich die Musik liebe. Es ist einfach mein Leben. Es ist nicht nur Erfolg sondern gleichzeitig Rückzugsort, Boxsack gegen Aggressionen und Entspannungsbad. Musik ist alles und noch viel mehr. Ich lebe mit der Musik, ich lebe Musik.
Von Laura Dziewior